Carbon Management: Zulässige Maßnahmen im Umgang mit schwer-vermeidbaren Emissionen?

Expertenartikel

Carbon Management: Zulässige Maßnahmen im Umgang mit schwer-vermeidbaren Emissionen?

Neben der prioritären Reduktion von Treibhausgasemissionen umfasst Carbon Management, also die Steuerung von Kohlenstoffkreisläufen, zusätzliche Maßnahmen  für den Umgang mit schwer-vermeidbaren Emissionen. Während sich durch einen Einsatz die gesamtgesellschaftlichen Kosten und die Dringlichkeit für erforderliche Klimaschutzmaßnahmen reduzieren und strecken lassen, bestehen Risiken über Lock-In Effekte von fossilen Energien.  Oberste Priorität haben deshalb jetzt die weitere Grundlagenforschung, Pilot-Projekte im gesamten Spektrum von Carbon Management und ein rechtlich-regulatorischer Rahmen für Österreich.

 

Bis zum Jahr 2023 war Carbon Management nicht auf der politischen Agenda der österreichischen Bundesregierungen zu finden und galt sogar als Tabu-Thema. Im Juni 2024 hat der Ministerrat mit der österreichischen Carbon Management Strategie (CMS) jedoch beschlossen, die Frage des Umgangs mit schwer-vermeidbaren Treibhausgasemissionen proaktiv zu bearbeiten, um den diesbezüglichen Umgang neu zu regeln. Internationalen sowie europäischen Entwicklungen bei gesetzlich-regulatorischen Rahmenbedingungen wie beispielsweise das London Protocol, die Net Zero Industrie-Verordnung, die CCS-Richtlinie sowie die Industrial Carbon Management Strategie der Europäischen Kommission werden hierbei berücksichtigt.

 

Warum braucht es Carbon Management? Und warum kommt das Thema erst jetzt?

In vielen Bereichen des Alltags sind Emissionsreduktionen schon heute technisch und wirtschaftlich realisierbar. Zum Beispiel bei der erneuerbaren Stromerzeugung mittels Photovoltaik, Wind- und Wasserkraft, aber auch bei der grundsätzlichen Vermeidung von Emissionen durch thermisch-hochwertigen Wohnbau, Sanierung von Gebäuden oder der Elektrifizierung der Mobilität. In anderen Bereichen, wie beispielsweise der Industrie, ist dieser allgemeine Trend zur Umstellung auf vielfach elektrisch betriebene Produktionsweisen auch weitgehend absehbar und bereits in Umsetzung. Detaillierte Informationen finden sich hierzu auch im Masterplan Grüne Energie 2040.

In spezifischen Wirtschaftsbereichen ist die Reduktion von Emissionen aber nicht oder nur zu hohen gesellschaftlichen Kosten derzeit möglich. Hierunter fallen vor allem sogenannte prozessbedingte Emissionen, wie sie beispielsweise bei der Roheisenerzeugung, der Erzeugung chemischer Produkte wie Düngemittel oder der Kalzinierung bei der Klinkerherstellung für Zement anfallen. Des Weiteren gelten auch energetische Emissionen wie etwa beim thermischen Verwerten von brennbaren Abfällen als schwer vermeidbar.

Holcim Zement-Fabrik in Mannersdorf (c) Photofex - stock.adobe.com

Den Stein ins Rollen gebracht hat folglich die europäischer Ebene, indem eine verstärkte Befassung mit ergänzenden Möglichkeiten im Umgang mit Emissionen, die nicht oder nur schwer vermieden werden können (Englisch: hard-to-abate)2, in essenziellen Sektoren angestoßen wurde. Auf österreichischer Ebene ist daraus die erste nationale Carbon Management Strategie entstanden3.

 

Mehrere Optionen im Umgang mit schwer-vermeidbaren Emissionen: CCS, CCU, CDR

Die im Zusammenhang mit Carbon Management stehenden Fachbegriffe bedürfen einer grundlegenden Erläuterung. Zu diesen Begriffen zählen hauptsächlich Carbon Capture and Storage (CCS), Carbon Capture and Utilization (CCU) und Carbon Dioxide Removal (CDR).

 

  • Bei CCS anfallende Treibhausgasemissionen werden eingefangen („capture“) und in geologischen oder biogenen Senken gespeichert („storage“).
  • Bei CCU werden die eingefangenen Treibhausgase in der Herstellung von Produkten, Waren oder Gütern genutzt („utilization“) und so lange wie möglich im Kreis geführt.
  • Bei CDR handelt es sich um das direkte Filtern von Treibhausgasen aus der Atmosphäre und deren anschließende Speicherung in geologischen oder biogenen Senken. Es gibt verschiedene technologische Möglichkeiten für CDR. Bei manchen ist die Speicherung nicht von Dauer, weshalb diesbezüglich Emissionen zu berücksichtigen sind, die nicht permanent vermieden werden können.

 

Begrenzt und kostspielig

Da alle drei Optionen stark begrenzt und kostspielig sind, stehen Maßnahmen, die der Vermeidung von Emissionen dienen, schon aus rein wirtschaftlichen Gründen immer an erster Stelle. Die Abbildung zeigt die drei wesentlichen Möglichkeiten zum Umgang mit schwer-vermeidbaren Emissionen.

Quelle: eigene Darstellung nach Edenhofer, 2024

Was steht nun in der nationalen Carbon Management Strategie?

Die österreichische Carbon Management Strategie3 befasst sich mit den wesentlichen Handlungsfeldern und erforderlichen Reformen im Umgang mit schwer-vermeidbaren Restemissionen aus Österreichs Industrie und verbindet dabei die Klima- mit der Budgetpolitik. Wesentliche erste Schritte, die sich aus der Strategie ergeben, sind

  • die Aufhebung des Verbots der geologischen CO2-Speicherung im Bundesgebiet,
  • die Schaffung des notwendigen Rechtsrahmens für die geologische CO2-Speicherung durch vollumfängliche Umsetzung der EU CCS-Richtlinie und
  • die Evaluierung und Anpassung der Rechtslage des rohrleitungsgebundenen CO2-Transports.

 

Als weiterer Umsetzungsschritt wurde daher auch ein Folgeprojekt zur Untersuchung der Machbarkeit eines CO2-Netzes in Österreich beauftragt, dessen Ergebnisse kürzlich veröffentlicht wurden4.

 

Was steht in der „Machbarkeitsstudie CO2-Netz“?

Die Machbarkeitsstudie CO2-Netz skizziert, wie neben der teils lokalen Nutzung und Speicherung von CO2 der überwiegende Teil ins Ausland transportiert werden kann. Je nach Szenario wurde der Transport von jährlich fünf bis 22 Megatonnen CO2 geschätzt. Dieser Anteil umfasst Restemissionen aus der energieintensiven Industrie, beispielsweise der Magnesit-, Roheisen- und Zementindustrie sowie von Raffinerien. Ebenso sind hierin Emissionen aus der Abfallverbrennung sowie aus der Kraftwärmekopplung und aus Biogasanlagen berücksichtigt.

Ein Vergleich: die gesamten österreichischen Treibhausgasemissionen beliefen sich 2023 auf rund 68 Megatonnen CO2, was einem Rückgang von rund 6,4 % gegenüber dem Vorjahr entspricht5. Die Kosten für Abscheidung, Transport und Speicherung werden mit 150 bis 250 Euro pro Tonne CO2 veranschlagt. Der reine Pipelinetransport beziffert sich auf 35 bis 50 Euro pro Tonne CO2.

 

Wie geht es mit Carbon Management weiter?

Carbon Management bietet als zur Verfügung stehendes Mittel eine Unterstützung bei der Einhaltung des nationalen Treibhausgasbudgets. Durch eine maßvolle Nutzung lassen sich gesamtgesellschaftlichen Kosten für Klimaschutzmaßnahmen (Mitigation) und die relative Notwendigkeit für Anpassung (Adaptation) an die Folgen der Klimakrise zum Teil reduzieren. Es sind deshalb folgende drei Punkte essentiell:

  • die weitere Grundlagenforschung
  • erste Pilot-Projekte im gesamten Spektrum von Carbon Management
  • die frühzeitige Schaffung eines rechtlich-regulatorischen Rahmens, worunter auch eine entsprechende Institutionalisierung fällt

 

Auf europäischer Ebene ist diesbezüglich in Diskussion, eine European Carbon Central Bank zu etablieren. Diese soll gegebenenfalls überwachen, ob die europäischen und nationalen Treibhausgasbudgets eingehalten werden. Zudem sollte eine solche Bank  auf Vorschlag den flexiblen Abtausch zwischen Emissionsreduktion (durch das kontinuierliche Absenken des Angebots an Zertifikaten im europäischen Emissionshandelssystem ETS) und permanenter sowie temporärer Speicherung von Emissionen ermöglichen. Für Interessierte gibt es dazu mehr Hintergrundinformationen unter nachstehendem Link6.

Die Klimakrise führt durch die sich beschleunigende Erderwärmung zu vermehrter Trockenheit und Waldbränden, aber auch sich verändernden Niederschlagsmustern gepaart mit großräumigen Überschwemmungen. Die der Menschheit zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Anpassung (Englisch: Adaptation) an die damit verbundenen Folgenschäden sind jedoch begrenzt. Beispielsweise durch Bau oder Verstärkung von Dämmen, Installation von Kühlgeräten, etc.

Die internationale Staatengemeinschaft hat sich deshalb im Jahr 2015 mit dem Pariser Klimaübereinkommen auf eine Beschränkung der globalen Erwärmung auf deutlich unter 2°C bis Ende des 21. Jahrhunderts geeinigt. Dafür steht ab 2024 ein globales Treibhausgasbudget von rund 1.150 Gigatonnen Kohlenstoffdioxid (CO2) zur Verfügung1. Seit 1850 wurden global
2.590 Gigatonnen CO2 emittiert, im Jahr 2023 wurden global rund 37,0 Gigatonnen CO2 emittiert. Jüngsten Schätzungen zur Folge ist auch im Jahr 2024 mit einem weiteren leichten Emissionsanstieg auf global 37,4 Gigatonnen CO2 zu rechnen.

Bleiben die jährlichen Emissionen weiterhin auf diesem Niveau, ist das Treibhausgasbudget also in deutlich weniger als 30 Jahren aufgebraucht und die Begrenzung des Temperaturanstieges nicht einzuhalten. Klimaschutz erfordert somit vor allem die Reduktion von Treibhausgasen. Darunter fallen neben CO2 auch CH4 (Methan), N2O (Lachgas) und fluorierte Gase.

Sie haben Fragen? Kontaktieren Sie

Jakob Mayer
Strategie
Strategie und Business Development

publicaffairs(at)e-steiermark.com

Aus unserem Blog

Das könnte Sie auch interessieren